Vom Firmenarchiv Blumer zum Glarner Wirtschaftsarchiv

Die Firma Blumer in Schwanden hat von 1828 bis 1980, also während rund 150 Jahren, Tücher und Stoffe mit vielfarbigen, faszinierenden Mustern gedruckt und in die ganze Welt exportiert.

Von dieser langen industriellen Produktion und Handelstätigkeit blieben in den Dachräumen der Firma Blumer interessante Zeitzeugnisse erhalten. Einerseits waren es aus der Produktion Zeichnungen, Musterbücher, Model, Walzen, Schablonen, Rezeptbücher und als Produkte Schals, Tücher und Stoffe sowie andererseits aus der Handelstätigkeit tausende von Briefen der umfangreichen Geschäftskorrespondenz, Kontobücher, Bilanzen, Erschliessungs- und Baudokumentationen. Viele Angehörige der Familien Kindlimann wirkten im Lauf der Zeit mit, um die Objekte und Akten zu reinigen, zu sortieren und in den Fabrikräumlichkeiten zu lagern.

Als die Firma Blumer 1980 ihre Produktion einstellte, wollten die damaligen Leiter Dr. Heinz Kindlimann und Urs Kindlimann die industriellen Kulturgüter aus dem Firmenbesitz für die Zukunft erhalten und wurden zu Initianten des Glarner Wirtschaftsarchivs. Nach längeren Vorbereitungen konnte 2002 das Glarner Wirtschaftsarchiv als private Stiftung der Geschwister Urs Kindlimann, Heinz Kindlimann und Sibyll Kindlimann gegründet werden. Dr. Heinz Kindlimann übernahm von 2002 – 2009 als erster Stiftungspräsident die Leitung der Stiftung, sorgte durch Investitionen der Firma Kindlimann & Co. für die notwendigen Räumlichkeiten und bereitete zusammen mit Irmela Kindlimann die Archivierung des Objektarchivs vor. Dr. Sibyll Kindlimann wurden als wissenschaftlicher Leiterin der organisatorische Aufbau des Archivs und die elektronische Erfassung der Bestände übertragen. Dank Unterstützung durch das Team GWA mit Ursula Stoksa, Claudia Jenny, Ruedi Jenny und Ueli Kindlimann konnten beide Aufträge weitgehend realisiert und das Archiv Blumer für Forscher und Besucher zugänglich gemacht werden.

Das Glarner Wirtschaftsarchiv wollte jedoch von Anfang an nicht nur das Archiv der Firma Blumer sein, sondern seinem Namen «Glarner Wirtschaftsarchiv» entsprechend auf vielen Glarner Firmenarchiven aufbauen, um wesentliche Entwicklungen der Glarner Industriegeschichte zu dokumentieren.

Unterdessen ist die Erbengemeinschaft der früheren Firma Streiff in Glarus als wichtiger Partner in die Stiftung eingetreten und haben Dr. Helen Oplatka und Hajnal Miklos als Mitglieder im erweiterten Team GWA das Archiv der Firma Streiff grösstenteils aufgearbeitet und erfasst. – Electrolux Schwanden AG hat durch Vermittlung von Walter Stauffacher das Archiv der Firma Therma in Schwanden dem GWA anvertraut. – Zudem sind zahlreiche Unterlagen aus anderen Firmen sowie das Privatarchiv von Rolf von Arx mit Informationen zur gesamten Glarner Industrie dem GWA übergeben worden. Alle diese Bestände werden von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Teams GWA ins spezialisierte Archivprogramm CMI Star integriert. Seit der Gründung macht sich das Glarner Wirtschaftsarchiv zur Aufgabe, das Archivgut der beteiligten Firmen durch elektronische Erfassung für die Forschung zu öffnen und mit Ausstellungen allen Besuchern die Glarner Industriekultur bewusst zu machen.

Der Hänggiturm

Der denkmalgeschützte Hänggiturm (Hängeturm) auf dem Areal der ehemaligen Textildruckerei P. Blumer & Jenny in Schwanden wurde 1828 bei der Gründung der Firma Blumer erbaut. Er ist eines der wenigen noch bestehenden Trocknungsgebäude, die einst in grosser Zahl ein charakteristisches Merkmal der Glarner Druckindustrie bildeten. Der Hänggiturm des GWA ist ein Beispiel eines kombinierten Fabrikations-, Heisshänge- und Lufthänge-Gebäudes. Im vorderen Teil, der Lufthänge, wurden die zum Trocknen bestimmten, bedruckten Tuchbahnen im Dachgeschoss innen und aussen über einen Lattenrost gehängt und trockneten so an der freien Luft.
Im hinteren gemauerten Teil, der Heisshänge, wurden die Tücher mit der durch Feuer entstandene Wärme getrocknet. Heute dient die Heisshänge als Archivlager und Ausstellungsraum. Um dies zu ermöglichen, wurden im Inneren mit Hilfe einer eingefügten Stahlkonstruktion drei Lagergeschosse eingebaut, ohne die historische Bausubstanz zu zerstören. Die Lufthänge wurde in ihrer imposanten Höhe belassen und kann als Saal für private Feiern, Lesungen oder Konzerte gemietet werden.